Historia interculturalis

 

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Interkulturelle Geschichte

der Wissenschaft

 

 

Last update:

21.02.2015

Interkultureller Transfer

von Wissen, Wissenschaft und Technik

 

Inhalt

 

ÖKontakt W.Geiger

>>

1a. Orientierung und Bibliographie

1b. Internetlinks

 

>>

2. Alchemie – Die okkulten Praktiken des dunklen europäischen Mittelalters oder reale arabische Wissenschaft?

von Melina Hermsen

 

>>

3. Die Bedeutung des Wissens- und Techniktransfers oder Die Globalisierung seit dem Mittelalter  im Aufbau

von Wolfgang Geiger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Cf. W. Geiger, Geschichte und Weltbild, sowie Interkulturelle Geschichte und monokulturelles Weltbild, dazu die >>Abstracts

 

 

>>Zeitschrift

>>Institut

 

„Während das mittelalterliche Europa sich weitgehend naturwissenschaftlicher Forschung enthielt, blühte zumal die Astronomie im Nahen Osten, in Nordafrika und im maurischen Spanien. Islamische Gelehrte leisteten so auch die Vermittlung zwischen Antike und Renaissance.“

Owen Gingerich, 1986

(siehe unten).

 

Der interkulturelle Austausch von Wissen, Wissenschaft und Technik ist eine Konstante der Weltgeschichte und hat insbesondere über das Mittelalter hinweg Europa zu dem gemacht, was es werden konnte. Die Globalisierung ist keine Erscheinung der jüngsten Zeit, sondern hat nur in ihren technischen Möglichkeiten eine neue Dimension erreicht. Die Welt war immer schon global, d.h. mit einander verbunden, und interkulturelle Geschichte fand immer schon statt. Umgekehrt herum formuliert: „Unsere Geschichte“ ist gar nicht nur unsere Geschichte, es gibt gar keine europäische Geschichte im dem allgemein verstanden Sinne, d.h. eine Geschichte Europas, die sich nur dem Genius der Europäer selbst verdankte. Die europäische Geschichte ist eine Geschichte, die nie ohne die ständige Beziehung nach außen existierte, weil Europa weder geographisch noch historisch ein abgeschlossener Kontinent ist. Und sein Ausgriff auf die Welt im Zeitalter des Kolonialismus wäre ohne diesen Wissenstransfer aus dem Osten nicht möglich gewesen: Die Karavelle (ein aus dem Arabischen entlehntes Wort) mit Steuerruder am Heck und dem sog. „Lateinersegel“ stammte aus China, ebenso wie der Kompass; die Navigation nach den Gestirnen mit Astrolabium und anderen Instrumenten aus dem arabisch-islamischen Raum; das Papier des Bordbuchs, in das Kolumbus schrieb, ebenso wie die Grundlagen des Buchdrucks waren ebenfalls aus China stammende Erfindungen, so wie last but not least das Schießpulver, dessen Gebrauch die Europäer so perfektionierten.

Schon die Vorstellung einer „europäischen“ Antike im zivilisatorischen Gegensatz zu Asien ist ein Mythos, ebenso wie der der „Renaissance“ als Wiederentdeckung der antiken Schriften durch byzantinische Gelehrte, die vor der türkischen Eroberung nach Italien flohen. Die antike griechische Wissenschaft entstand vielmehr auch damals schon im engen Kontakt mit Ägypten sowie v.a. dem Vorderen Orient, wovon nicht zuletzt die Transformation der phönizischen in die griechische Schrift ein Zeugnis ablegt.

Auf dieser erst im Aufbau befindlichen Seite werden die wichtigsten Aspekte des Wissens­transfers dargestellt werden.

Zuvorderst sei jedoch an dieser Stelle auf die Zeitschrift für die Geschichte der arabisch-islamischen Wissenschaften hingewiesen sowie auf die umfangreichen Veröf­fent­lichungen und die Website des Instituts für Geschichte der Arabisch-Islami­schen Wissenschaften der Universität Frankfurt a.M., die auch Abbildungen der Exponate online zur Verfügung stellt. Als wichtigste Veröffentlichung sei hier vorab erwähnt:

Fuat Sezgin: Wissenschaft und Technik im Islam, 5 Bände, Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 2003.

 

 

 

 

 

Bibliographische Orientierung

 

>>HI Islam

Im Folgenden werden hier eine Reihe gängiger bzw. wichtiger Titel zur Wissenschaftsgeschichte und zum Wissenstransfer vorgestellt. Weitere Angaben zum allgemeineren Kontext der interkulturellen Begegnung, auch Internet-Links, finden sich auch auf der Seite von Historia Interculturalis zum Islam.

 

 

 

Quellen, Ausstellungskataloge u.ä.

[Alhazen:] “Abhandlung über das Licht von Ibn al-Haitam”, herausgegeben und übersetzt von J. Baarmann, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft Bd. 36 (1882), S. 195-237.

Alhazens Optik war Grundlage für die Erfindung bzw. Weiterentwicklung der Linse und führte zur Erfindung der Brille.

Al-Biruni: In den Gärten der Wissenschaft. Ausgewählte Texte aus den Werken des muslimischen Universalgelehrten, herausgegeben, übersetzt und erläutert von Gotthard Strohmaier, Leipzig: Reclam, 2002. Siehe dazu auch unten.

Fuat Sezgin: Wissenschaft und Technik im Islam, 4 Bände, Frankfurt a.M.: Institut für die Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften an der Goethe-Universität, 2003. > Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften >>igaiw

Umfassender Katalog von Bildmaterial (Instrumente, bildliche Darstellungen) mit Erklärungen.

Manoun Fansa (Hg.): Ex oriente lux? Wege der neuzeitlichen Wissenschaft. Begleitband zur Sonderausstellung im Augusteum Oldenburg, Oldenburg (Landesmuseum für Natur und Mensch) / Mainz: Ph. von Zabern, 2009

Umfangreiches Bildmaterial aus der Begegnung zwischen Antike und Orient, Orient und Okzident, vom dem einiges kompetenzorientierend eingesetzt werden kann, Problem: Farbbilder; einiges wenige kann auch schwarzweiß verwendet werden. Zahlreiche Hinweise auf Textquellen.

Samuel Sadaune: Inventions et découvertes au Moyen Age dans le monde, Nantes : Ouest-France, 2006.

Ähnlich wie oben (M. Fansa). Darunter: Papier und Buchdruck, Brille…

 

Sekundärliteratur mit Verweisen auf Originaltexte:

Thematisch ausgewählt wurden Werke, die sich mit dem Wissens- und Wissenschaftstransfer befassen, wobei die Handelsbeziehungen zwangsläufig gestreift werden. Die weit umfangreicheren Untersuchungen nur zu den Handelsbeziehungen, Reisen usw. wurden hier jedoch nicht berücksichtigt, ebenso wie die – gleichwohl wichtigen – Themen rund um die Geographie.

Berücksichtigt wurden prioritär Publikationen, die von ihrer Art her auch auszugsweise als Sekundärquelle für den Unterricht dienen könnten.

Needham, Joseph: Science and Civilisation in China, Cambridge Univ. Press, 1954- / Wissenschaft und Zivilisation in China, Bd. 1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1984 (es liegt nur der erste Band vor).

Darunter insbesondere:

Joseph Needham: Science and Civilisation in China,

VOL. IV: Physics and Physical Technology. Pt. 3: Civil Engineering and Nautics. Joseph Needham, with the collaboration of Wang Ling and Lu Gwei-djen, Cambridge Univ. Press, 1971.
VOL. V: Chemistry and Chemical Technology. Pt. 1: Paper and Printing,
by Tsien Tsuen-Hsuin, Cambridge Univ. Press, 1983.

Needham, Joseph: Wissenschaftlicher Universalismus. Über Bedeutung und Besonderheit der chinesischen Wissen­schaft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1977.

Mit umfangreichen Quellenangaben, auch zu persisch-arabischen Quellen.

[Mao Yisheng (Hg.)]: Das Wissen der alten Chinesen. 4000 Jahre Entdeckungen und Erfindungen, herausgegeben vom Institut für Geschichte der Naturwissenschaften der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Basel: Birkhäuser, 1989, Düsseldorf: Albatros, 2001. [Peking 1978, englischsprachige Ausg. 1983].

al-Khalili, Jim: Im Haus der Weisheit. Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur, Frankfurt a.M.: S. Fischer, 2011.

Borgolte, Michael / Tischler, Matthias M.  (Hg.): Transkulturelle Verflechtungen im mittelalterlichen Jahrtausend. Europa, Ostasien, Afrika, Darmstadt: WBG, 2012, darin v.a.: Daniel G. König: „Ausstrahlung – transkulturelle Datenmigration – Dokumentation“, S. 207-240.

Borst; Arno: Computus. Zeit und Zahl in der Geschichte Europas, Berlin: Wagenbach, 1990, 32014.

Fleischer, Georg-Michael: Ritter auf dem Meer. Seemacht und Seewesen zur Zeit der Kreuzzüge, Darmstadt/Mainz: Ph. Von Zabern, 2011.

Freely, John: Platon in Bagdad. Wie das Wissen der Antike zurück nach Europa kam, Stuttgart: Klett-Cotta, 2012.

Freely, John: Aristoteles in Oxford. Wie das finstere Mittelalter die moderne Wissenschaft begründete, Stuttgart: Klett-Cotta, 2014.

Frugoni, Chiara: Le Moyen Age sur le bout du nez. Lunettes, boutons et autres inventions médiévales, Paris : Les Belles Lettres, 2011.

Enzyklopädisch-essayistisch, wissenschaftliche Referenzen, Abschnitte über Buch und Buchdruck und Brille. Mit einigen Abbildungen.

Gericke, Helmuth: Mathematik in Antike und Orient / Mathematik im Abendland von den römischen Feldmessern bis zu Descartes, zwei Bände in einem Band, Wiesbaden: Fourier, 1992; Erstausg. In zwei Bänden: Heidelberg: Springer, 1984 und 1990.

Die umfassendste Darstellung der Geschichte der Mathematik und damit verbundener Wissenschaften (Astronomie), enzyklopädisch fachwissenschaftlich bis ins Detail (Berechnungen), einige Abbildungen.

Gingerich, Owen: „Die islamische Periode der Astronomie“, in: Spektrum der Wissenschaft (Scientific American) April 1986, S. 100-109.

Spektrum der Wissenschaft – Dossier 4/06: Astronomie vor Galilei, 2006.

Glick; Thomas F.: Islamic and Christian Spain in the early Middle Ages. Comparative Perspectives on social and cultural formation, Princeton Univ. Press, 1979; http://libro.uca.edu/ics/emspain.htm, v.a. chap. 7/8: Technology / Science.

Hunke; Sigrid: Allahs Sonne über dem Abendland. Unser arabisches Erbe, Stuttgart: DVA, 1960, Frankfurt a.M.: Fischer TB, 2001.

Jacquart, Danielle: L’épopée de la science arabe, Paris : Découvertes Gallimard, 2005

Enzyklopädisch, mit zahleichen Abbildungen.

Jankrift, Kay Peter: Europa und der Orient im Mittelalter, Darmstadt: WBG, 2007.

Mit der einen oder anderen brauchbaren Abbildung, z.B. Wolfram von Eschenbach als Vermittler zwischen einem Kreuzfahrer, einem Juden und einem Muslim, S. 81. Thema Interkultureller Wissenstransfer S. 94-122.

Malamut, Elisabeth / Querfelli, Mohamed (Hg.): Les échanges en Méditerranée médiévale, Presses Universitaires de Provence, Aix-Marseille, 2012. V.a. über den Handel, einige Abb.

McClellan; James E.  / Dorn; Harold: Werkzeuge und Wissen. Naturwissenschaft und Technik in der Weltgeschichte, Hamburg (Rogner & Bernhard) / Frankfurt a.M.: Zweitausendeins, 2001.

Enzyklopädisch, interessante Erklärungen, z.B. warum der Buchdruck, aber nicht die beweglichen Lettern in China erfunden wurden, S. 147.

Mieli, Aldo: La Science arabe et son rôle dans l’évolution scientifique mondiale, Leiden: Brill, 1966.

Serauky, Eberhard: Im Glanze Allahs. Die arabische Kulturwelt und Europa, Berlin: be.bra-Verlag, 2004.

Papierproduktion und Buchmarkt, Wissenschaft

Sot, Michel / Barthélémy, Dominique (Hg.) : L’Islam au carrefour des civilisations médiévales, Presses de l’Université Paris-Sorbonne, 2012. Abbildungen.

Temple, Robert K. G.: Das Land der fliegenden Drachen. Chinesische Erfindungen aus vier Jahrtausenden. Vorwort von Joseph Needham, Bergisch Gladbach: Lübbe, 1990.

 

 

Weitere Sekundärliteratur:

Balmer, Heinz (Hg.) : Die Blütezeit der arabischen Wissenschaft. Zürich: Verlag der Fachvereine, 1990.

Bresc, Henri & Nef, Anneliese: Idrîsî – La première géographie de l’Occident. Paris : GF Flammarion, 1999.

Burton, Rosemary / Cavendish, Richard / Stonehouse, Bernard: Die größten Entdecker der Welt. Bindlach: Gondrom, 2002

Cotardière, Philippe de la (Hg.): Histoire des Sciences de l’Antiquité à nos jours. Paris : Tallandier, 2004.

Crombie, Alistair C.: »Griechisch-arabische Naturwissenschaften und abendländisches Denken«, in: ®Sievernich & Budde (1989), S.102-131.

Djebbar, Ahmed: Une histoire de la science arabe. Entretiens avec Jean Rosmordeuc. Paris: Gallimard, 2001.

Edson, Evelyn / Savage-Smith, Emilie / von den Brincken, Anna-Dorothee: Der mittel­lterliche Kosmos. Karten der christlichen und islamischen Welt. Darmstadt: Primus, 2005. [Medieval views of the Cosmos. Picturing the Universe in the Christian und Islamic Middle Ages, Bodleian Library, Univ. of Oxford, 2004].

Flasch, Kurt: Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli. Stuttgart: Reclam, 1987.

Haarmann, Harald: Universalgeschichte der Schrift. Frankfurt a.M./N.Y.: Campus, 1990.

Lindberg, David C.: Die Anfänge des abendländischen Wissens. München: dtv, 2000. [The Beginning of Western Science. The European Tradition in Philosophical, Religious and Institutional Context, 600 B.C. to A.D. 1450, Univ. of Chicago, 1992.]

Nelson, Benjamin: »Wissenschaften und Zivilisationen, ’Osten’ und ’Westen’, Joseph Needham und Max Weber«, in: Ders., Der Ursprung der Moderne. Vergleichende Studien zum Zivilisationsprozeß. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 21984, S.7-57.

Pichot, André: Die Geburt der Wissenschaft. Von den Babyloniern zu den frühen Griechen, Frankfurt a.M./N.Y.: Campus, 1995.

Sievernich, Gereon & Budde, Hendrik (Hrsg.): Europa und der Orient 800-1900. Ausstellungskatalog des 4. Festivals der Weltkulturen Horizonte ’89 in Berlin. Gütersloh/München: Bertelsmann Lexikon Verlag, 1989.

Simek, Rudolf: Erde und Kosmos im Mittelalter. Das Weltbild vor Kolumbus. Augsburg: Weltbild / Bechtermünz, 2000.

Speer, Andreas / Wegener, Lydia (Hg.): Wissen über Grenzen – arabisches Wissen und lateinisches Mittelalter. Kölner Mediaevistentagung 2004, Berlin u.a.o.: de Gruyter, 2006.

Störig, Hans Joachim: Kleine Weltgeschichte der Wissenschaft. 2 Bände, Köln: Parkland, 2004. [Lizenzausgabe, Orig. A. Melzer Verlag, Neu-Isenburg]

Watt, W. Montgomery: Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittelalter. Berlin: Wagenbach, 21992. [The Influence of Islam on Medieval Europe, Edinburgh Univ. Press 1972].

Whitfield, Peter: The Mapping of the Heavens. London: The British Library / San Francisco: Pomegranate Artbooks, 1995.

Wright, John Kirtland: The Geographical Lore of the Time of the Crusades. A Study in the History of Medieval Science and Tradition in Western Europe. New York: Dover Publ., 1965. [1925]

Wilderotter, Hans (1989): »Der hat den großen Kommentar gemacht« – Aristoteles, Averroes und der Weg der arabischen Philosophie nach Europa«, in: ®Sievernich & Budde (1989), S.132-154.

Wulff, Karl: Naturwissenschaften im Kulturvergleich. Europa – Islam – China. Frankfurt a.M.: Harri Deutsch, 2006.

 

Weitere wissenschaftliche Literatur von Bedeutung :

F. Wüstenfeld : Die Übersetzungen arabischer Werke in das Lateinische seit dem XI. Jahrhundert, Göttingen 1877.

 

 

 

 

Internetlinks:

 

>>igaiw

Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften

Website des Instituts der Universität Frankfurt und des angeschlossenen Museums in der Westendstr. 69. Zahlreiche der 8oo Exponate sind auf der Website ausgestellt.

 

>>Starry Messenger

Der Starry Messenger des Department of History and Philosophy of Science of the University of Cambridge stellt den interkulturellen Zusammenhang der Wissenschaftsgeschichte mit zahlreichen Abbildungen dar.

 

>>National Library of Medicine

>>NLM Catalogue

Die US National Library of Medicine stellt auf ihrer Website ein Archiv von Abbildungen aus mittelalterlichen arabisch-islamischen Büchern ins Netz, nicht nur die Medizin betreffend, sondern im weiteren naturwissenschaftlichen Kontext.

 

>>MuslimHeritage

About MuslimHeritage.com :

“MuslimHeritage.com, a unique online Education Community, that brings together Muslims and Non-Muslims seeking to advance Civilisation through the study of Muslim Heritage. Pioneered by the Foundation for Science Technology and Civilisation (FSTC Limited) in the UK, it is an ambitious project that aims to raise global awareness on the importance and relevance of Muslim Heritage and its mostly unaccounted contribution to current world civilisation.”

Zusammen mit der nachfolgenden Website die umfangreichste mir bekannte Darstellung der europäisch-islamischen Interdependenz in der Geschichte von Zivilisation und Wissenschaft.

 

>>Muslim Scientists

Muslim Scientists and Islamic Civilization

Zusammen mit der vorher genannten die umfassendste Website zur Geschichte der islamischen Wissenschaft und ihres Einflusses auf Europa, begründet von Dr. A. Zahoor (GB). Leider gibt es kein vernünftiges Impressum der Site. Sie erhielt jedoch den „Britannica Internet Guide Award: Awarded to this web site in February 2000: Rated as one of the best on the Internet for aquality, accuracy of content, presentation and usability.”

 

 

 

 

 

Wird ergänzt...

 

 

* Studentin am Semi­nar für Didaktik der Geschichte der Uni­ver­sität Frankfurt a.M.

© M. Hermsen,  März 2008.

Alchemie –

Die okkulten Praktiken des dunklen europäischen Mittelalters oder reale arabische Wissenschaft?

von

Melina Hermsen*

 

 

 

 1             Einleitung

Die Chemie ist eine sehr kontrovers diskutierte  Wissenschaft. Zum Einen ist sie modern und erleichtert uns in vielen Aspekten das Leben, zum Anderen hat sie auch ihre negativen Seiten, wie z. B. Umweltverschmutzung. Viele Vorurteile und Streitpunkte entstehen dabei durch die Unwissenheit der Diskutierenden. Aber nicht nur die „aktuelle“ Chemie hat mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, sondern auch die Geschichte der Chemie und vor allem die Alchemie. Allgemein wird die Alchemie als etwas unheimliches, okkultes und magisches betrachtet, dass gegenüber der modernen Chemie rückständig und unwissenschaftlich war. Außerdem hat man, wenn von der Alchemie gesprochen wird, meist das späte europäische Mittelalter oder die sehr frühe Neuzeit vor Augen. Das dies ein verzerrtes Bild der Alchemie und ihrer Geschichte ist möchte ich mit dieser Arbeit zeigen. Der Fokus liegt dabei auf der arabischen Wissenschaft „Alchemie“ und ihrer Entstehung. 

Für die Betrachtung möchte ich als erstes ein Lehrbuch der Chemie und ein Geschichtslexikon auf ihre Sicht zur Alchemie, mit besonderem Augenmerk auf der Rolle der Araber bei der Entstehung der Alchemie hin, betrachten und vergleichen. Dafür werde ich den Abschnitt aus dem Lehrbuch der Chemie, da er kürzer ist, Satz für Satz auf den Inhalt hin prüfen und mit dem Lexikonartikel vergleichen. Danach beschreibe ich, welche weiterführenden Informationen fehlen oder durch den Lexikonartikel abgedeckt werden, dabei beschränke ich mich jedoch auf den Abschnitt I. Theorie und Entwicklung, da die Einbeziehung der anderen vier Kapitel den Rahmen der Arbeit sprengen würde.

Auf die Buchkritik folgt die historisch-wissenschaftliche Analyse des Themas arabische Wissenschaften, zum Teil am Beispiel der Alchemie. Die dafür notwendige Literatur bietet jedoch einige Hindernisse, da sie recht dürftig ist. Es ist sehr schwer zum Thema Alchemie wissenschaftliche Literatur zu finden, die sich mit den arabischen Einflüssen beschäftigt. Ein Großteil der Literatur sind Romane oder beschäftigen sich mit den okkultistischen, parapsychologischen oder religiösen Aspekten der Alchemie. Die wenige Literatur die sich der Geschichte der Alchemie widmen haben ihren Schwerpunkt meist im Europa des 12. bis 17. Jahrhunderts.

 

 

 

 

 

[1]  E. Mortimer, Chemie : das Basiswissen der Chemie, 1996, S. 3f. Die folgenden Zitate beziehen sich, wenn nicht anders ausgezeichnet, auf diese Literaturstelle.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[2] J. Telle, Alchemie. In: Lexikon des Mittelalters Bd. 1., Aachen bis Bettelordenskirchen, S. 330.

 

 

 

 

 

 

 

 

[3]  J. Telle,  S. 330.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[4] J. Telle,  S. 330.

 

 2           Hauptteil 

 2.1    Lehrbuchkritik 

Für die Lehrbuchkritik habe ich zum Einen das Lehrbuch, Chemie : das Basiswissen der Chemie, von E. Mortimer [1] vorliegen, das im Folgenden als Mortimer bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um ein Chemielehrbuch, das als Standardwerk in den ersten zwei Semestern des Chemiestudiums, bezogen sowohl auf den Lehramts-, wie auch auf Bachelor- oder Diplom­studiengang, betrachtet werden kann. Es muss festgehalten werden, dass es keine Bibliographie oder Literaturverweise enthält, es ist dabei keine Ausnahme im Vergleich mit anderen Chemielehrbüchern, im Vergleich zu wissenschaftlicher Literatur aus dem geschichtlichen Bereich ist dies jedoch ungewöhnlich. Zum Anderen liegt ein Artikel aus dem Lexikon des Mittelalters vor, dieses Lexikon ist das Standardnachschlagewerk zum Thema Mittelalter. Der Artikel zur Alchemie ist, wie jeder Artikel in dem Lexikon, mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis versehen.

Der Abschnitt über die Alchemie im Mortimer ist im Vergleich zum Lexikoneintrag recht kurz, aber für ein Chemielehrbuch relativ stark an geschichtlichen Fakten orientiert. Es handelt sich dabei um einen Abschnitt innerhalb der Einleitung in dem die Geschichte der Chemie beschrieben wird.

Alchemie (300 vor bis 1650 nach Christus).

Für die Alchemie wird dabei der Zeitraum von „300 vor Christus bis 1650 nach Christus“ festgelegt, jedoch ohne die Grenzen zu begründen. Die Grenzen an sich stimmen mit dem Aufkommen der Protowissenschaften überein, zu dem auch die Alchemie gehört, da der Begriff Alchemie jedoch arabisch ist und erst um das  800 Jahrhundert nach Christus herum geprägt wird, ist diese Aussage ein wenig ungenau. Im Lexikon des Mittelalters hingegen wird kein zeitlicher Rahmen abgesteckt, was damit zusammenhängen könnte, dass das Lexikon des Mittelalters eben nur den Zeitraum Mittelalter, d. h. grob von 500-1500 nach Christus, umfasst und die Alchemie fast während dem gesamten Zeitraum zu finden ist.

Aus den Zusammentreffen der griechischen Philosophie und den Handwerkskünsten Ägyptens erwuchs in Alexandria die Alchemie.

Das Lexikon des Mittelalter sagt hier ähnliches. Dort sind es nicht nur die ägyptischen Handwerkskünste aus denen die Alchemie erwächst, sondern im Allgemeinen Handwerkskünste. Dafür wird im Lexikon die Philosophie als vorsokratisch und aristotelisch spezifiziert und Alexandria als hellenistische Kultur umschrieben.[2] Prinzipiell kann man an dieser Stelle sagen, dass die Aussagen grob gleich sind, im Mortimer jedoch für Nichthistoriker vereinfacht wurden, dadurch leidet die Aussage des Satzes ein wenig.

In Büchern aus Alexandria (den ältesten bekannten Schriften über chemische Themen) finden sich Diagramme chemischer Apparaturen und Beschreibungen von Laboroperationen wie Destillation und Kristallisation. Ein dominantes Interesse der Alchemisten war die Stoffumwandlung der metallischen Grundstoffe wie Eisen und Blei in das Edelmetall Gold. Sie glaubten, Metalle könnten durch Veränderung ihrer Eigenschaften (vor allem der Farbe) verändert werden. Sie glaubten an die Existenz eines wirkungsvollen Umwandlungsargens, später Stein der Weisen genannt, welches in kleiner Menge die gewünschten Veränderungen in Gang setzen würde. 

Die Aussagen sind soweit richtig und finden sich auch im Lexikon wieder, wobei dort die chemischen Begriffe Destillation und Kristallisation fehlen, die Beschreibung der Interessen ansonsten jedoch etwas ausführlicher ist.[3]

Im 7. Jahrhundert nach Christus eroberten die Araber die Zentren der hellenistischen Kultur in Ägypten, und die Alchemie ging in ihre Hand über.

Hier zeigt sich zum ersten Mal der Einfluss der Araber auf die Alchemie, wobei der Satz recht reißerisch wirkt und impliziert, dass die Araber sich die Alchemie mit Gewalt angeeignet haben. Es vermittelt ein relativ negatives Bild von den Arabern als Eroberer. Auch mit den folgenden Sätzen wird dieses Bild nicht richtig gestellt und beschreibt in keinster Weise die Fortschritte, die durch die Araber in der Alchemie gemacht wurden.

Die griechischen Texte wurden ins arabische übersetzt. Die Araber nannten den Stein der Weisen El-ksir (Elixier).

Diese Sätze vermitteln den Eindruck als hätten die Araber die Alchemie erobert und übersetzt, ohne sie zu verstehen oder weiter zu führen. Jedoch verweist der Mortimer darauf, dass man von den arabischen Einflüssen auch in unserer modernen Sprache noch Spuren finden kann.

Sie glaubten, damit könne man nicht nur Metalle veredeln, sondern auch Krankheiten heilen.

Mit dieser Aussage wird der Eindruck noch verschärft. Die Aussage ist zwar richtig, aber der Autor stellt es so dar, dass nur die Araber an das falsche geglaubt haben. Im vorigen Absatz über die Umwandlung von Stoffen war noch von Interesse die Rede und die Aussage war prinzipiell wertfrei. Hier ist dies jedoch nicht mehr der Fall, der Satz enthält eine negative Wertung. Dies zusammen mit den Aussagen, die in den Sätzen vorher getroffen wurden, werden die Araber hier nicht als die wissenschaftliche Hochkultur dargestellt, die sie waren und ihre Leistungen für die Chemie werden hier auf ein Minimum reduziert. Ganz Anders liegt der Fall im Lexikon des Mittelalters, hier werden die Araber zwar auch nur sehr knapp erwähnt, es wird hierbei jedoch betont, dass sie die praktischen und theoretischen Zweige der Alchemie entscheidend weiter entwickelten.[4] Daneben bleiben jedoch die Übersetzungen der griechischen Texte und die Überreste in unserer Sprache vollkommen unerwähnt.

Das Ziel Gold herzustellen und ein Lebenselixier zu finden das Menschen unsterblich machen würde, blieb über Jahrhunderte das Hauptanliegen der Alchemie.

 

 

[5] J. Telle,  S. 330.

 

 

 

 

 

 

 

[6]  J. Telle,  S. 330.

 

 

 

[7] J. Telle,  S. 330.

 

 

 

[8] J. Telle,  S. 329.

Die Hauptanliegen der Alchemie, die hier beschrieben werden sind die, die heute jedem bekannt sind und entsprechen dem Bild der Alchemie, das heute in der Öffentlichkeit vorherrscht. Dieses ist jedoch beschränkt und einseitig. Das Lexikon des Mittelalters bemüht sich hierbei um Vollständigkeit, aber in einem so kurzen Kapitel ist das, denke ich, nicht erreichbar.[5] Prinzipiell sind aber die Anliegen der Alchemie und der modernen Chemie nicht so verschieden und in einem Chemiebuch hätte darauf verwiesen werden können.

Im 12.-13. Jahrhundert fand durch die Übersetzung arabischer Schriften ins Lateinische die Alchemie allmählich Einzug in Europa.

Nicht nur durch die Übersetzung von arabischen Texten, auch von griechischen Texten und durch arabische und jüdische Gelehrte blühte die Alchemie in Europa auf. Hier wird jedoch vernachlässigt, dass auch vorher schon Alchemie in Europa existierte, diese jedoch nur von Wenigen und nicht so erfolgreich wie bei den Arabern praktiziert wurde. Dadurch wird Europa im Mittelalter als rückständig beschrieben, auch dieses Bild vom frühen Mittelalter ist eines das in der Öffentlichkeit vorherrscht. Im Lexikon des Mittelalters wird die Rezeption der arabischen Alchemie durch die Europäer ähnlich dargestellt,[6] wenn auch etwas ausführlicher als im Mortimer.

Die meisten Übersetzungen erfolgten in Spanien, wo sich die maurische Kultur etabliert hatte.

Die Übersetzungen starten zwar in Spanien, es wird jedoch in vielen europäischen Ländern übersetzt, führend sind neben Spanien vor allem England und Italien. Dieser Aspekt wird vom Lexikon des Mittelalters genauso kurz und unvollständig behandelt.[7]

Neben der ausführlicheren Behandlung einzelner Aspekte der Alchemie beschreibt das Lexikon einen Aspekt der Alchemie, den ich, vor allem mit dem Blick auf die arabischen Einflüsse, im Mortimer schmerzlich vermisse, die arabische Herkunft des Wortes Alchemie. Im Hinblick auf die Vorurteile die der Alchemie anhaften soll hier noch erwähnt werden, dass das Lexikon des Mittelalters zu Anfang feststellt, dass die Begriffe Alchemie und Chemie im Mittelalter gleichberechtigt genutzt wurden.[8]

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sowohl der Mortimer, wie auch das Lexikon des Mittelalters die Rolle der Araber nur in Ansätzen beleuchtet. Das Vorurteil der wilden Araber ist vor allem im Mortimer zu erkennen. Im Lexikon des Mittelalters werden die arabischen und europäischen Einflüsse auf die Alchemie zwar dargestellt, die Gewichtung der arabischen zur europäischen Alchemie stimmt jedoch nicht mit den Leistungen überein. So werden die vier Jahrhunderte arabische Alchemie mit zwei Sätzen abgehandelt, während den vier Jahrhunderten europäischer Alchemie fast eine ganze Seite gewidmet werden. Dieses Missverhältnis ist sehr auffällig und ein Zeichen für das verzerrte Bild, das wir von den Arabern und der Alchemie haben. Im Folgenden will ich die oben kritisierten Punkte etwas genauer beleuchten.

 

 

[9] K. Wulff, Naturwissenschaften im Kulturvergleich : Europa - Islam – China, 2006, S. 7.

 

[10] F. Rex, Grundlegende Beiträge der arabischen Wissenschaft zum Werdegang von Physik und Chemie. In: H. Balmer, B. Glaus (Hg.), Die Blütezeit der arabischen Wissenschaft, 1990, S.114ff.

 

Ϊ11] K. Wulff, 2006, S. 66.

 

[12] Ebd. S. 72.

 

[13] Ebd. S. 253

 

 

[14]  F. Rex,  1990, S. 109. Und: W. M. Watt, Der Einfluss des Islam auf das europäische Mittelalter, 2001, 50.

 

[15] K. Wulff, 2006, S. 254.

 

[16] F. Rex,  1990, S. 109. Und: K. Wulff, Gibt es einen naturwissen­schaft­lichen Universalismus? : ein Kulturvergleich zwi­schen China, Europa und dem Islam, 1998, S. 40f.

 

[17] K. Wulff, 2006, S.254. Und: W. M. Watt, 2001, 51.

 

[18] K. Wulff, 2006, S.253f.

 

[19] G. Endress, Der arabische Aristoteles und die Einheit der Wissen­schaft im Islam. In: H. Balmer, B. Glaus (Hg.), Die Blütezeit der arabi­schen Wissenschaft, 1990, S. 7.

 

[20] K. Wulff, 2006, S.245, 253.

 

 2.2   Historisch-Wissenschaftliche Analyse

 2.2.1                       Der Weg der Wissenschaften zu den Arabern

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Naturwissenschaften im antiken Griechenland um 500 vor Christus entstanden, dabei wurde Wissen der Ägypter, Babylonier und Perser mit der neu aufkommenden Philosophie zu einer Naturphilosophie verbunden.[9] Es bestand jedoch weiterhin eine Trennung zwischen der handwerklichen Praxis, die rein praktisch und empirisch ist, wie z. B. Metallurgie, Färben, Gerben, und den naturphilosophischen Konstrukten, die reine Theorien auf sehr hohem Niveau sind, wie z. B. Urstoff, Atom- und Elementenlehre. [10]

Durch die Feldzüge Alexanders des Großen breitet sich die griechische Kultur und damit auch die griechische Wissenschaft aus. Sie vermischt sich mit der vorhandenen Kultur im Orient und bildet eine neue, die hellenistische, Kultur. Dabei bleibt, auch über den Tod Alexanders und die Aufteilung seines Reiches hinaus, die Amts- und Wissenschaftssprache griechisch. Eine besondere Rolle spielt dabei Alexandria und die große Bibliothek, hier werden nicht nur die Werke der griechischen Naturphilosophen gesammelt, sondern auch großzügig durch Herrscher gefördert. Dadurch entwickelt sich Alexandria zu einem wissenschaftlichen Zentrum, wobei der Fortschritt der Wissenschaften jedoch stagniert.[11]

Durch die Ausbreitung der Araber und folglich auch des Islams wird im 7. Jahrhundert der Vordere Orient und Ägypten arabisch und damit auch die Wissenschaften, die dort verwahrt und gepflegt werden.[12] Diese Eroberung wurde von einem Teil der Bevölkerung, z. B. den Nestorianern, als eine Art Befreiung betrachtet, da die Araber die Religionsfreiheit zuließen.[13] 

 

 2.2.2                      Die arabischen Wissenschaften

Zu Beginn der arabischen Wissenschaften im 7. Jahrhundert bleibt griechisch auch in den arabischen Gebieten die Amts- und Wissenschaftssprache. Daher werden die Texte der griechischen Philosophen auf griechisch gelesen. Nachdem die Hauptschule für Wissenschaften von Alexandria nach Syrien verlegt wird, wird ein Teil der griechischen Literatur ins Syrische übersetzt. Erst als ab Ende des 8. Jahrhunderts arabisch zur Wissenschaftssprache wird,  werden diese Texte, zunächst aus dem Syrischen, dann direkt aus dem Griechischen, ins Arabische übersetzt.[14] Aber nicht nur hellenistische Texte, sondern auch indische und chinesische werden übersetzt und finden damit ihren Aufnahme in die arabischen Wissenschaften.[15] Arabisch eignet sich besonders gut als Wissenschaftssprache, da sie Ausdrucksstärker und flexibler, was neue Begriffe und Nuancen betrifft, ist.[16]

Zu Anfang werden die Text wortgetreu übersetzt und verlieren dabei jeden Sinnzusammenhang. Erst unter Hunayn ibn Ishaq (*809 - †877) und seinen Schülern wird die sinngetreue Übersetzung praktiziert. Dazu versuchen sie den Sinn des Textes zu verstehen, um diesen dann im Arabischen sinngetreu wieder zu geben. Einen großen Anteil an dieser Entwicklung haben arabische Christen, wie die Nestorianer und nicht-arabische Muslime aus den eroberten Gebieten, da sie häufig mehrere Sprachen beherrschen und dadurch prädestiniert für Übersetzungsarbeit sind.[17] Unter Abu Bishr Matta (*870 - †940) beginnt die letzte Phase der Übersetzung, dabei wird der Text nicht nur sinngetreu wiedergegeben, sondern dazu noch einer Textkritik unterzogen.[18]

An den verschiedenen Phasen der Übersetzung von Texten ins Arabische kann ein Wandel im Umgang mit den Wissenschaften erkannt werden. Die fremdsprachigen Texte werden zu Anfang aus Interesse übersetzt und bewahrt. Die Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Texte folgt später, dabei wird dieser jedoch nicht reflektiert, sondern assimiliert. Erst in der dritten Phase werden die Texte kritische betrachtet, dadurch kann es zu einer Weiterentwicklung von Theorien und einem Fortschritt in der Wissenschaft kommen.

Der Höhepunkt der Übersetzungen ist unter dem Kalifen al-Ma'mūn (813-833), noch stärker als die anderen Abbassidenherrscher fördert er die Übersetzung der fremdsprachigen Texte. Dabei begnügt er sich nicht mit den Texten, die in seinen eigenen Bibliotheken zur Verfügung stehen, sondern schickt auch Gesandte nach Byzanz, um weitere griechische Texte zu erwerben. 830 nach Christus baut er die, von seinem Vater Harun ar-Rašid gegründete, wissenschaftliche Bibliothek zu dem Haus der Weisheit (Bayt al-Hikmah) aus.[19] Dieses beherbergt neben der Bibliothek auch eine Akademie und ist der Ort an dem die meisten Texte übersetzt werden.[20]

 

 

 

 

 

[21] Ebd S.254.

 

[22] S. Hunke, Allahs Sonne über dem Abendland : unser arabisches Erbe, 2001, S. 181f.

 

 

[23] F. Rex,  1990, S. 116.

 

[24] W. M. Watt, 2001, S. 59f.

 2.2.3                      Errungenschaften der Araber am Beispiel der Alchemie

Aber nicht nur in der Weiterentwicklung von Theorien liegt der große Verdienst der Araber für die Wissenschaften.

Zum Einen systematisieren sie die Wissenschaften, die sie von den Griechen übernehmen und ordnen sie in ein Schema ein, das alle Wissenschaften verbindet. Zum Anderen beziehen sie auch chinesische und indische Erkenntnisse mit in ihre Wissenschaften ein. Dadurch wird der arabische Raum zu einem Schmelztiegel der Wissenschaften.[21]

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Trennung des übersinnlich Mythischen von der Wissenschaft und die damit einhergehende Rationalisierung. Um die Beliebigkeit aus der Wissenschaft zu entfernen werden des Weiteren Methoden entwickelt, die das planmäßige Beobachten unter künstlichen Bedingungen zulassen. Dadurch wurden Beobachtungen planbar, reproduzierbar, variabel und kontrollierbar - ein großer Schritt auf dem Weg zu den modernen Naturwissen­schaften.[22] 

Speziell bei der Alchemie, aber auch bei anderen Naturwissenschaften, verbinden die Araber die zwei scheinbar unvereinbaren Stränge handwerkliche Empirie und naturphilosophische Theorie. Sie erschaffen damit eine vollkommen neue Art von Wissenschaft, mit Hilfe derer aus Experimenten und Beobachtung Theorien entwickelt werden können, welche die praktische Arbeit und das Handwerk beeinflussen.[23] Dabei sind die Fragestellungen der Alchemisten und die Methoden, wie sie zu neuen Erkenntnissen versuchen zu kommen, denen der modernen Chemie nicht so unähnlich. Auch die Apparaturen, wie die zur Destillation, sind leicht abgewandelt auch heute noch in Benutzung.[24]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[25] E. Serauky, Im Glanze Allahs : die arabische Kulturwelt und Europa, 2004, S. 17.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[26] K. Wulff, 2006, S.270.

 

 

[27] E. Serauky, 2004, S. 37. Und: K. Wulff, 2006, S.270.

 2.2.4                      Bedingungen für den Fortschritt arabischer Wissenschaften

 2.2.4.1                 Papier

Ein großer Vorteil der Araber und ein gewichtiger Grund für den schnellen Fortschritt der Wissenschaften im arabischen Raum ist das Papier. Ab dem 8. Jahrhundert werden die Techniken der Papierherstellung von den Chinesen übernommen, dadurch steht den Arabern ein Schreibmaterial zur Verfügung, dass dem Pergament gegenüber viele Vorteile hat. Pergament, wie es im Mittelalter auch in Europa benutzt wird, wird von dem Schriftsteller Amr b. Bahr al-Ğāhiz zum Einen als sehr feuchtigkeitsempfindlich bezeichnet, d. h. erhöhte Luftfeuchtigkeit kann ausreichen, dass Pergament vollkommen zerstört wird, da es schrumpft und in seinen Urzustand zurückkehrt. Zum Anderen beschwert er sich über die Harten Kanten und das Gewicht. Auch Häute, die ebenso als Schreibmittel verwendet werden, empfindet er als unpraktisch, da sie schlecht riechen, eine uneben Oberfläche haben, die Tinte nicht zuverlässig bindet, so wie ebenso schwer und feuchtigkeitsempfindlich wie Pergament sind. Des Weiteren sind weder Pergament noch Häute fälschungssicher, da Schrift einfach abgekratzt und durch neue ersetzen werden kann. Bei Papier hinterlässt das Abkratzen Spuren, wodurch ein Fälschungsversuch nicht unbemerkt bleibt. Dazu kommt noch, dass Papier wesentlich schneller und preiswerter hergestellt und auf die speziellen Wünsche und Bedürfnisse der einzelnen Schreiber angepasst werden kann.[25]  

 2.2.4.2                Universitäten und Bildung

Die Lehre findet im arabischen Raum an vielen Orten statt und ist nicht nur rein theoretisch geprägt. Schon früh werden in Hospitälern nicht nur Kranke geheilt sondern auch Wissenschaftler ausgebildet und dementsprechend speziell Medizin, aber auch andere Wissenschaften, wie z. B. Alchemie und Mathematik, die eng mit der Medizin verknüpft sind, gelehrt. Auch in Moscheen wird nicht nur die spezielle Astronomie, die sich beispielsweise mit der korrekten Ausrichtung der Gebetsteppiche nach Mekka beschäftigt, sondern auch die fremden Wissenschaften gelehrt. Dazu kommen noch Akademien und Privatlehrer. Dadurch und weil die Bildung nicht an die Religion gebunden ist, steht die Bildung im Vergleich zu Europa einem viel größeren Kreis an Menschen zur Verfügung.

 2.2.4.3                Publikationskultur

Im Gegensatz zu Europa wird im arabischen Raum ein Buch nicht nur durch die Abschrift einiger weniger Gelehrten vervielfältigt. Neue Bücher werden publiziert indem sie von dem Verfasser an öffentlichen Plätzen, wie z. B. Moscheen, diktiert werden. Danach liest einer der Zuhörer seine Mitschrift vor und der Autor bringt Korrekturen an, die wiederum von allen Zuhörern übernommen werden. Er autorisierte diese Abschriften in dem er sie im Anschluss signiert. Diese Abschriften können dann mit dem gleichen Verfahren weiterpubliziert werden. Dadurch können wesentlich mehr Abschriften in kurzer Zeit gemacht und die Fehler innerhalb einer Abschrift verringert werden. Auch können dadurch nicht nur die Worte an sich kopiert, sondern auch der Sinn dahinter präziser weitergegeben werden. Dazu kommt noch, dass in den Abschriften die einzelnen Schritte der Verbreitung festgehalten und dadurch leichter nachvollzogen werden können.[26]   

Durch die schnelle Verbreitung und die niedrigen Kosten für Bücher, entsteht eine Vielzahl neuer Publikationen, diese werden in großen Bibliotheken, die zum Teil öffentlich, und somit nicht nur einer privilegierten Oberschicht zugänglich sind, gesammelt. Dort finden sich nicht nur die alten griechischen, anderen fremdsprachlichen Texte und ihre Übersetzungen, sondern auch neuere Bücher. Außerdem steht dort die Nutzung von Schreibmaterial, wie Papier und Tusche, den Nutzern frei zur Verfügung.[27]

 

 

 

[28] K. Wulff, 2006, S.287. Und: W. M. Watt, 2001, S. 81f.

[29] M. Zonta, The Jewish Mediation in the Transmission of Arabo-Islamic Science and Philosophy to the latin Middle Ages. Historical Overview and Perspectives of Research. In: A. Speer, L. Wegener (Hg.), Wissen über Grenzen : arabisches Wissen und lateinisches Mittelalter, 2006, S. 89.

[30] K. Wulff, 2006, S.287, 292. Und: W. M. Watt, 2001, 81f.

 2.2.5                      Der Weg der Wissenschaften von den Arabern nach Europa

Als im 12. Jahrhundert das Interesse an Philosophie und Naturwissenschaften stieg, beginnt die Suche nach den griechischen Wurzeln. Dabei wird auch nach griechischem Kulturgut und Wissen gesucht, dass im Laufe des Mittelalters in Europa verloren gegangen ist. Vieles davon befindet sich in arabischen Bibliotheken, zum Teil als original griechische Texte, zum Teil jedoch nur noch in der arabischen Übersetzung. An den Berührungspunkten der christlichen und der islamischen Welt, wie z. B. im islamischen Spanien oder in den Gebieten der Kreuzzüge, kommt es zu einem regen Kultur- und Wissensaustausch und damit auch ein Austausch von Texten und Büchern.

Auf der Suche nach ihren Wurzeln werden nun für Christen diese antiken griechischen und auch die arabischen Texte übersetzt.[28] Dabei tragen jüdische Gelehrte einen großen Anteil an diesem Austausch, durch z. B. Handel gibt es viele jüdische Gelehrte die mehrere Sprache, vorwiegend Latein und Arabisch, sprechen und dadurch prädestiniert für die Vermittlung zwischen Islam und Christentum sind.[29]

Die Übersetzung von Texten nimmt ihren Anfang in Spanien, breitet sich jedoch rasch über Italien nach England und Zentraleuropa aus. Da die Übersetzer jedoch häufig nicht verstehen was sie übersetzen, kommt es, wie im 8. Jahrhundert im arabischen Raum, zu unsinnigen oder sinnfreien Texten. Trotzdem wurde viel wichtiges Wissen nach Europa getragen, wie z. B. Stoffkunde und Laborgeräte, sowie Methoden und Standardverfahren, so dass sich auf dieser Basis eine europäische Alchemie entwickeln konnte, die wiederum das Fundament unserer modernen Chemie bildet.[30]

 

 

 

[31] E. Serauky, 2004, S. 151.

 

 

[32] E. Serauky, 2004, S. 151-154.

 

 

 

[33] E. Serauky, 2004, S. 155f.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[34] E. Serauky, 2004, S. 157f.

 

 

 

 

 

 

 

 

[35] S. Hunke, 2001, S. 38, 181-184. Und: K. Wulff, 2006, S.278.

 2.2.6                      Niedergang der Wissenschaften im arabischen Raum

Der Zeitpunkt des Niedergangs der Wissenschaften im arabischen Raum lässt sich nicht klar definieren. Festgestellt werden kann jedoch, dass in den arabische Wissenschaften ab dem 12. Jahrhundert der Fortschritt stagniert, während die Wissenschaft in Europa anfängt aufzu­blühen.[31]

Ein Phänomen das festgestellt werden kann, ist die zunehmende Abwendung der islamischen Wissenschaften von den empirischen Erkenntnissen und zunehmender Hinwendung zu fragwürdigen Interpretationen und fachlicher Unkenntnis. Diese werden z. B. in Form von Weissagungen auch dem Volk mitgeteilt und führen durch Nicht-Eintreten dazu, dass die Wissenschaft ihre Glaubwürdigkeit und das Volk das Interesse verliert.[32] 

Es kann beobachtet werden, dass das Interesse an neuen Erkenntnissen und damit das Verfassen von wissenschaftlichen Texten erlahmt. Dem gegenüber steht der Aufschwung der Lyrik, leichten Poesie und ähnlichen Textformen, die vor allem der Unterhaltung dienen.[33]

Ein Grund dafür könnte sein, dass die griechischen Wissenschaften immer eine fremde Wissenschaft blieben. Es war nicht möglich dieses rationale, fremde Denken nachhaltig im Islam zu verankern. Dazu kommen äußere Faktoren, vor allem wirtschaftliche, die den Niedergang der Wissenschaften beeinflussen. Mit den Kreuzzügen und diversen anderen kriegerischen Auseinandersetzungen kommt es zu einer neu Fokussierung innerhalb der arabischen Welt, die hier als Gesamtes aufgefasst wird, da im Prinzip der gesamte arabische Raum davon beeinflusst wird. Auch während der kriegerischen Auseinandersetzungen wird die Kultur subventioniert, doch werden jetzt vor allem Architektur und die unterhaltenden Künste gefordert und gefördert. Den Wissenschaftlern die benötigt werden, vor allem Ärzte, wird die Gesamtsituation zu gefährlich, da sie nun nicht mehr in ihrer Abgeschiedenheit ihren Theorien nachhängen können, sondern mit in belagerte und eroberte Städte ziehen müssen, um dort vor Ort zu helfen. Die Wissenschaftler an der Schule geraten immer häufiger zwischen die Fronten, da rivalisierende Gruppierungen häufig Bibliotheken, Moscheen und Bildungsstätten versuchen in ihre Gewalt zu bringen, besetzen oder zerstören, damit sie der Gegner nicht bekommt. Dadurch geht ein Großteil des Wissens, in Form von Büchern und Gelehrten, verloren. Daneben versiegen die finanziellen Unterstützungen der Wissenschaften und ein großer Anteil der Gelehrten und Gebildeten verliert dadurch die Existenzgrundlage und muss sich neue Erwerbsmöglichkeiten suchen.[34]

 

 2.2.7                       Spuren des arabischen Einflusses in der modernen Wissenschaft

Noch heute finden sich viele Spuren der Araber in den modernen Wissenschaften. In der Chemie beispielsweise hat nicht nur die Wissenschaft an sich einen arabischen Namen, sondern auch manche chemischen Elemente oder Verbindungen, wie Amalgam, Natron, Antimon, und Kalium. Außerdem werden heute noch viele Glasgeräte und Apparaturen benutzt die so oder in leicht veränderter Form schon in alchemistischen Schriften zu finden sind. Aber auch in unseren alltäglichen unwissenschaftlichen Wortschatz haben arabische Wörter Einzug gehalten, wie Alkohol, Azur, Benzin, Droge, Elixier und Lack.[35]

 

 

 

 3           Fazit

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass das Bild was in der Öffentlichkeit über die Wissenschaften im Mittelalter und im Speziellen der Alchemie besteht, sehr verzerrt und unvollständig ist. Die Wissenschaften sind im Mittelalter bei weitem nicht so zurückgeblieben wie es die Lage der Wissenschaften im Europa der Zeit vermuten lassen. Die Arbeitsweisen und Fragestellungen waren den modernen nicht unähnlich und auch heute können innerhalb der Naturwissenschaften noch übernatürliche Tendenzen erkannt werden.

Ein Beispiel dafür ist die Art wie in einem Labor gesprochen wird, dort ist die Rede davon, dass die Reaktion keine Lust hat, gerade nicht will oder besonders lebendig ist. Manche Flüssigkeiten spucken und zischen und bei manchen Reaktionen scheint Magie im Spiel zu sein, wenn sie bei gleichen Bedingungen, bei der einen Person zu einem eklig braunen Öl wird, bei einer anderen jedoch zu wunderschönen weißen Kristallen, die sich bei der nachfolgenden Untersuchung als die gleiche Substanz herausstellen. Vor lauter Verzweiflung über das nicht funktionieren von Reaktionen kann es schon mal dazu kommen, dass der Apparatur oder den Substanzen gut zugeredet oder mit ihnen geschimpft wird, als hätten sie einen freien Willen.

Vor allem sind die Wissenschaften im Früh- und Hochmittelalter nicht europäisch, da die modernen Naturwissenschaften jedoch von der frühen europäischen Neuzeit geprägt sind, wurde sich von diesen Aspekten distanziert.

Die Araber waren Vorreiter im Bezug auf die Wissenschaften und haben viel geleistet.

Es kann abschließend gesagt werden, dass die Wissenschaften im Mittelalter weder rückständig, okkultistisch noch europäisch waren und, dass ohne die arabischen Wissenschaften die moderne Wissenschaft nicht die Form hätten, die sie heute haben, was durch die vielen arabischen Begriffe in unserer Sprache aufgezeigt wird.

 

 

 

 4           Literaturverzeichnis

G. Endress, Der arabische Aristoteles und die Einheit der Wissenschaft im Islam. In: H. Balmer, B. Glaus (Hg.), Die Blütezeit der arabischen Wissenschaft, 1990, S. 3-39.

 

S. Hunke, Allahs Sonne über dem Abendland : unser arabisches Erbe, 2001.

 

E. Mortimer, Chemie : das Basiswissen der Chemie, 1996, S. 3f.

F. Rex, Grundlegende Beiträge der arabischen Wissenschaft zum Werdegang von Physik und Chemie. In: H. Balmer, B. Glaus (Hg.), Die Blütezeit der arabischen Wissenschaft, 1990, S. 109-126.

 

E. Serauky, Im Glanze Allahs: die arabische Kulturwelt und Europa, 2004.

 

J. Telle, Alchemie. In: Lexikon des Mittelalters Bd. 1., Aachen bis Bettelordenskirchen, 1980, S. 329-342.

 

W. M. Watt, Der Einfluss des Islam auf das europäische Mittelalter, 2001.

K. Wulff, Gibt es einen naturwissenschaftlichen Universalismus? : ein Kulturvergleich zwischen China, Europa und dem Islam, 1998.

 

K. Wulff, Naturwissenschaften im Kulturvergleich : Europa - Islam – China, 2006.

 

M. Zonta, The Jewish Mediation in the Transmission of Arabo-Islamic Science and Philosophy to the latin Middle Ages. Historical Overview ans Perspectives of Research. In: A. Speer, L. Wegener (Hg.), Wissen über Grenzen : arabisches Wissen und lateinisches Mittelalter, 2006, S. 89-105.

 

 

 

 5           Anhang

Alchemie aus E. Mortimer, Chemie : das Basiswissen der Chemie, 1996, S. 3f.

 

Alchemie (300 vor bis 1650 nach Christus). Aus den Zusammentreffen der griechischen Philosophie und den Handwerkskünsten Ägyptens erwuchs in Alexandria die Alchemie. Die alten Alchemisten nutzten die ägyptischen Künste der Stoffverarbeitung, um die Stofftheorien zu untersuchen. In Büchern aus Alexandria (den ältesten bekannten Schriften über chemische Themen) finden sich Diagramme chemischer Apparaturen und Beschreibungen von Laboroperationen wie Destillation und Kristallisation.  Ein dominantes Interesse der Alchemisten war die Stoffumwandlung der metallischen Grundstoffe wie Eisen und Blei in das Edelmetall Gold. Sie glaubten, Metalle könnten durch Veränderung ihrer Eigenschaften (vor allem der Farbe) verändert werden. Sie glaubten an die Existenz eines wirkungsvollen Umwandlungsargens, später Stein der Weisen genannt, welches in kleiner Menge die gewünschten Veränderungen in Gang setzen würde.

Im 7. Jahrhundert nach Christus eroberten die Araber die Zentren der hellenistischen Kultur in Ägypten, und die Alchemie ging in ihre Hand über. Die griechischen Texte wurden ins arabische übersetzt. Die Araber nannten den Stein der Weisen El-ksir (Elixier). Sie glaubten, damit könne man nicht nur Metalle veredeln, sondern auch Krankheiten heilen. Das Ziel Gold herzustellen und ein Lebenselixier zu finden das Menschen unsterblich machen würde, blieb über Jahrhunderte das Hauptanliegen der Alchemie.

Im 12.-13. Jahrhundert fand durch die Übersetzung arabischer Schriften ins Lateinische die Alchemie allmählich Einzug in Europa. Die meisten Übersetzungen erfolgten in Spanien, wo sich die maurische Kultur etabliert hatte.  

 

 

 

 

 

Die Bedeutung des Wissens- und Techniktransfers

oder

Die Globalisierung seit dem Mittelalter

von Wolfgang Geiger

Der Begriff der Globalisierung wurde Anfang der 1990er Jahre von einem Fachbegriff zu einem Schlagwort der öffentlichen politischen Debatte und hatte dort Mitte der 90er Jahre seinen großen Durchbruch als Bezeichnung eines neuen Phänomens. Doch auch schon seit der Kolonialzeit gab es eine Weltgeschichte als weltweite ökonomische und politische Interdependenz. Und definiert man Globalisierung etwas großzügiger als gegenseitige Abhängigkeit verschiedener Erdteile voneinander im Hinblick auf ihre wirtschaftliche, technische und zivilisatorische Entwicklung, so gab es bereits globale Beziehungen vor der Globalisierung im heutigen Sinne des Begriffes, und zwar nicht erst als das Resultat der Europäisierung der Welt, sondern bereits als eine Voraussetzung dafür.

Die Voraussetzungen für die Entdeckung und „Europäisierung“ der Welt seit Ende des 15. Jh.s sind nicht alleine in Europa entstanden. Dass der Kompass und das Schießpulver aus China kamen, ist bekannt – weit weniger jedoch, dass dies durch arabische Vermittlung erfolgte; doch auch die nautischen Techniken, die das Überqueren der Ozeane erst ermöglichten, stammten aus China, die astronomisch-geographischen Kenntnisse für die Navigation waren wesentlich arabischer Herkunft – und vieles mehr (siehe M1). Dies war möglich dank eines ausgedehnten interkulturellen Austauschs in Wissenschaft, Technik und Handel mit dem Orient über den christlich-muslimischen Kontakt in Spanien sowie über das Mittelmeer. Ohne die arabische Vermittlung hätte es auch keine „Renaissance“ und Weiterentwicklung des antiken Wissens gegeben, denn im  Bereich der Wissenschaften erfolgte diese „Wiedergeburt“ fast nur durch arabische Übersetzungen. Entscheidend war jedoch auch die Vermittlung chinesischen und indischen Wissens durch die Araber sowie ihre eigenen darauf aufbauenden Leistungen. Die Entdeckung und Eroberung der Welt durch die Europäer – und mehr noch: die Entstehung der Moderne – hingen bereits von dieser Globalisierung des Wissens als Voraussetzung ab.

Oft wird der Kolonialismus auf den Kapitalismus zurückgeführt, für die jüngere Epoche mag diese Kausalität ja zutreffend sein, historisch ist sie es nicht. Das erfolgreiche Bemühen einiger von Marx inspirierter Historiker oder Soziologen, die Renaissance und das Zeitalter der Entdeckungen und Eroberungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung als „Frühkapitalismus“ zu definieren, übersah die treffende Schlussfolgerung von Marx aus seiner Analyse des Kapitalismus, dass dessen Voraussetzungen vorkapitalistisch sein mussten. Die „ursprüngliche Akkumulation“ des Kapitals, das dann in die Industrialisierung investiert werden konnte, vollzog sich durch Gewinne aus dem Handel und maßgeblich dem Kolonialhandel, dessen einträglichste Komponente der Sklavenhandel war. Nicht der „kapitalistische Geist“ des sog. Frühkapitalismus führte zum Kolonialismus, sondern der Kolonialismus war Voraussetzung für die Entstehung des Kapitalismus im Zusammenhang mit der industriellen Revolution. Gewinnstreben alleine, an dem es den Conquistadoren und den ihnen nachfolgenden Handelsunternehmern gewiss nicht mangelte, macht noch keinen Kapitalismus. Die pauschale Verwendung des Begriffs relativiert und verfälscht daher die wirtschaftliche Revolution, die der Kapitalismus im 18.-19. Jh. bewirkte, nämlich nicht nur die Industrialisierung im technischen Sinne, sondern damit verbunden die weitgehende Befreiung der Wirtschaft von staatlichen und gesellschaftlichen Zwängen (Merkantilismus, Privilegien, Zunftwesen), also die freie Marktwirtschaft und zwar mit globalem Anspruch.

Wird fortgesetzt…

Siehe auch: Wolfgang Geiger: „Interkulturelle Geschichte und monokulturelles Weltbild“, in: Handlung Kultur Interpretation. Zeitschrift für Sozial- und Kulturwissenschaften, Universität Hannover, Frankfurt a.M. (Humanities Online), N°2/2005, S.319-342.

 

 

 

Übersicht über den Transfer wissenschaftlich-technischer Kenntnisse aus Nah- und Fernost im Mittelalter

 

 

Kategorie:

Erfindung / Entdeckung:

Herkunft:

Nautik und Navigation:

Karavelle (neuer Schiffstyp)

Weiterentwicklung arabischer Fischerboote, Name aus arab. qarib

 

Zentrales Steuerruder am Heck des Schiffes

Aus China durch arabische Vermittlung

 

Sog. „Lateinersegel“

Aus China durch arabische Vermittlung

 

Segeltuch aus Baumwolle, sog. Calicot

Aus Indien, benannt nach der bedeutenden südindischen Hafenstadt Calicut

 

Magnetkompass

Aus China durch arabische Vermittlung

 

Instrumente zur astronomischen Orientierung (Astrolabium u.a.)

Entwickelt von jüdischen und arabischen Wissenschaftlern

 

Astronomisch-geographisches Wissen von der Kugelgestalt und Größe der Erde

Von der arabischen Wissenschaft vermittelt, die antike Vorgaben weiterentwickelte. Die ptolemäische Karte wurde erst im 15. Jh. wiederentdeckt.

 

Fernrohr

Optik aus arabischer Wissenschaft

Logistik:

Papier

Moderne Herstellung aus China, arabische Vermittlung

 

Buchdruck

Technische Grundlagen aus China, arabische Vermittlung

 

Dezimales Zahlen- und Rechensystem

Aus indischer und arabischer Wissenschaft

Militärtechnik:

Schießpulver

Aus China durch arabische Vermittlung

Zusammengestellt nach zahlreichen Untersuchungen seit den einschlägigen Arbeiten von Joseph Needham, vgl. u.a. die Zusammenfassung in: J. Block Friedman / K. Mossler Figg (Hg.): Trade, Travel and Exploration in the Middle Ages. An Encyclopedia. NY & London 2000.

 

 

 

 

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